Ich bin nicht Rappaport

Komödie von Herb Gardner
Gastspiel Hamburger Kammerspiele

Irgendwann am Nachmittag in einer etwas heruntergekommen Ecke des Central Parks. Midge, ein schwarzer alter Mann, versucht krampfhaft, das pausen­lose Gerede von Nat, einem weißen alten Mann, zu ignorieren. Er habe die Nase voll von den ständigen Lügen, die Nat ihm auftische, sagt Midge. Mal behauptet Nat, er sei ein entflohener kubanischer Terrorist, dann wieder ein Geheimagent. »71 Jahre lang war ich eine einzige Person, warum soll ich für die nächsten fünf Jahre nicht hundert verschiedene sein«, fragt Nat amüsiert. Dann gesteht er Midge aber, wie es wirklich um ihn steht. Er ist arm und seine Tochter möchte ihn in ein Heim für »Bestusste« einweisen lassen. Aber Nat lässt sich nicht unterkriegen. Man muss die Dinge selbst in die Hand nehmen und auch als alter Mensch für seine Rechte eintreten.

Midge winkt ab, schließlich steht er mit 82 noch mitten im Leben, als Hausmeister in einem der teuren Häuser am Central-Park. Nur er allein weiß, wie die Heizungsanlage funktioniert und hält sich deshalb für unentbehrlich. In Wirklichkeit kann Midge kaum noch etwas sehen. An diesem Nachmittag erfährt er von Mr. Danforth, dem Vorstand des Mieterkomitees, dass er wegen Umstrukturierungen in dem Wohnhaus seinen Job und auch seine Wohnung verlieren wird. Allerdings hat Danforth die Rechnung ohne den kämpferischen Nat mit seinem stark ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit gemacht.

»Ich bin nicht Rappaport« erzählt auf äußerst amüsante und berührende Weise von der Begegnung zweier ganz unterschiedlicher Männer, die ihr Leben verändert. Angespornt vom Einfallsreichtum und dem Temperament von Nat verbünden sie sich gegen alles Unrecht, das ihnen und anderen widerfahren soll. Die Ham­burger Kammerspiele sind mit der Inszenierung von Sewan ­Latchinian zu Gast – in den Hauptrollen: Sewan ­Latchinian selbst und Pierre Sanoussi-Bliss als Midge.

Arnim Bauer | Ludwigsburger Kreiszeitung | 10.10.2020

Das Stück ist mit viel feinem Humor, von Latchinian, dem Leiter der Kammerspiele, sehr detailverliebt und mit breit angelegten Szenen inszeniert, die den sehr guten Darstellern großen Raum geben. …. Eine Komödie durchaus mit Elementen eines Dramas, die weniger auf lauten, krachenden Humor setzt, sondern eher leise und hintergründig sich mit durchaus ernsten und allzeit aktuellen Themen auseinandersetzt.

Leonore Welzin | Heilbronner Stimme | 10.10.2020

Regisseur und Schauspieler Sewan Latchinian, der die Rolle für das Gastspiel in Heilbronn neu übernommen hat, bringt Nat mit Verve auf die Bühne. … Ob er als Anwalt einer renommierten Kanzlei oder als Mafiaboss, der einen Dealer zur Rede stellen will, in Erscheinung tritt, Sewan Latchinian gelingen leicht überzeichnete Prototypen, wie man sie aus Hollywood kennt, aus dem Effeff.
… Pierre Sanoussi-Bliss gibt der Rolle des schlaksigen Midge Kontur und Glaubwürdigkeit. Szenenapplaus erhält er für den endlos langen Atem, mit der er ein Spiritual ausklingen lässt. Seine lockere Laissez-faire-Haltung ist ein schöner Gegenpart zu Nats starrköpfigem Eigensinn. Seine Selbstironie ist wohltuend …