MANİFEST(O) – GLEISSENDES LICHT / PARLAYAN NUR

Ritual des Erinnerns
Kaiser- Friedrich-Platz

Viele Opfer von Terrorakten und deren Angehörige warten weltweit wie auch in Deutschland noch immer auf ein klares Zeichen, ein abschließendes Urteil, dass endlich Gerechtigkeit geschieht oder zumindest »versucht« wird. Genozide, Morde, von Staaten, Gruppen oder Einzelpersonen begangen – unsere Geschichte ist voll von Opfern und voll von Menschen, die auf Gerechtigkeit warten. Wann werden diese Menschen sagen dürfen, dass Gerechtigkeit geschehen ist? Wann wird es wieder hell, wann scheint wieder gleißendes Licht?
Der Pianist Emre Elivar setzt mit seiner Performance ein Zeichen und erinnert mit und durch die Komposition von Marc Sinan zugleich an die Schönheit wie die dunklen Abgründe menschlichen Handelns. In sechs Städten spielt Elivar auf einem Konzertflügel in Konzertsälen, an Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen. Musikalisch ist das Programm ein Treffen der Gegensätze, eine wahnwitzige Überschreibung von Beethovens 5. Klavierkonzert, gerahmt von Kompositionen Haydns, Beethovens und Mendelssohns.

Einzelperformances von MANİFEST(O)
Ein polytopisches Oratorium von Marc Sinan
Komposition und Künstlerische Leitung: Marc Sinan
Libretto und Dramaturgie: Holger Kuhla

21 Jahre nach dem Mord an Enver Şimşek, dem ersten in der Mordserie des NSU-Terrors, zehn Jahre nach dem Öffentlichwerden des sogenannten NSU, sind die Hintergründe der Taten und die rechtsradikalen Verstrickungen der Gruppe bis tief in staatliche Strukturen hinein längst nicht aufgearbeitet. Im Gegenteil verfestigen sich Rechtsradikalismus, Verachtung und Fremdenfeindlichkeit zunehmend tiefer in der Gesellschaft.

Marc Sinans polytopisches Oratorium MANİFEST(O) (türkisch für „Manifest“) vereint sieben, an Schlüsselorten der Taten des sogenannten NSU aufgeführte Einzelperformances in einem abendfüllenden Werk in Jena und Nürnberg. Aus einzelnen Stimmen entsteht MANİFEST(O) als grenzüberschreitendes, Geschichte und Orte verbindendes Oratorium mit Orchester, Chören und Solist:innen. Negative Energien der Verbrechen werden aufgenommen, Grundfragen von Vergeltung und Neuanfang diskutiert und in einer ethischen Utopie verarbeitet.

Das Oratorium MANİFEST(O) und sieben Einzelperformances, DIE ABWESENHEIT GOTTES / TANRI'NIN YOKLUĞU, BLINDE LIEBE / KÖR AŞK, DIE ANWESENHEIT DES MENSCHEN / İNSANIN VARLIĞI, DER ALTAR DER RACHE / İNTİKAM SUNAĞI, GLÜHENDER HASS / YANAN NEFRET, GLEISSENDES LICHT / PARLAYAN NUR & DER CHOR DER VERGEBUNG / AFFETME KOROSU, finden dabei stets gleichzeitig an verschiedenen Orten in Deutschland statt und sind digital miteinander verbunden.

MANİFEST(O) ist ein Auftragswerk im Rahmen von »KEIN SCHLUSSSTRICH! Ein bundesweites Projekt mit künstlerischen und zivilgesellschaftlichen Interventionen zum NSU-Komplex«.
Eine Produktion der YMUSIC GmbH im Auftrag von JenaKultur / Licht ins Dunkel e.V.