MANİFEST(O) – DER ALTAR DER RACHE / İNTİKAM SUNAĞI

Ritual der Reinigung
Rathaus Innenhof

Die Unterdrückten, die Angegriffenen, die Missachteten, die Getöteten, die Nicht-Freien, es gibt sie überall. Sie sind verfolgt worden, hatten Angst, sind unsichtbar gemacht, sind bedrängt worden, sind hier und überall geboren, sind viele. Alle, die Bedrohten, die Verfolgten, die Abgedrängten, die Marginalisierten, die Ausgeschlossenen haben ein Recht auf Schutz, auf Gehör und auf Widerstand. Und das ohne Unterschied.
Wie verarbeiten Menschen und Gesellschaften im 21. Jahrhundert die Folgen von Verbrechen des Menschen am Menschen? Wie reinigt sich eine Gesellschaft von untilgbarer Schuld und zurückbleibenden negativen Energien?
Mit diesen Fragen setzt sich eine Gruppe von Künstler:innen in acht deutschen Städten, die vom Terror des sogenannten NSU besonders betroffen waren und sind, auseinander. Worte, Gesänge, Musik, Energie sind die Materialien einer rituellen Performance. Und an sieben Orten wird diese Performance sich weiterentwickeln, sich live und auf immer neue Weise mit dem auseinandersetzen, was Künstler:innen und unsere Gesellschaft noch immer zutiefst bewegt: Hass, Verachtung, Rassismus, Nationalismus, Ignoranz.

Einzelperformances von MANİFEST(O)
Ein polytopisches Oratorium von Marc Sinan
Komposition und Künstlerische Leitung: Marc Sinan
Libretto und Dramaturgie: Holger Kuhla

21 Jahre nach dem Mord an Enver Şimşek, dem ersten in der Mordserie des NSU-Terrors, zehn Jahre nach dem Öffentlichwerden des sogenannten NSU, sind die Hintergründe der Taten und die rechtsradikalen Verstrickungen der Gruppe bis tief in staatliche Strukturen hinein längst nicht aufgearbeitet. Im Gegenteil verfestigen sich Rechtsradikalismus, Verachtung und Fremdenfeindlichkeit zunehmend tiefer in der Gesellschaft.

Marc Sinans polytopisches Oratorium MANİFEST(O) (türkisch für „Manifest“) vereint sieben, an Schlüsselorten der Taten des sogenannten NSU aufgeführte Einzelperformances in einem abendfüllenden Werk in Jena und Nürnberg. Aus einzelnen Stimmen entsteht MANİFEST(O) als grenzüberschreitendes, Geschichte und Orte verbindendes Oratorium mit Orchester, Chören und Solist:innen. Negative Energien der Verbrechen werden aufgenommen, Grundfragen von Vergeltung und Neuanfang diskutiert und in einer ethischen Utopie verarbeitet.

Das Oratorium MANİFEST(O) und sieben Einzelperformances, DIE ABWESENHEIT GOTTES / TANRI'NIN YOKLUĞU, BLINDE LIEBE / KÖR AŞK, DIE ANWESENHEIT DES MENSCHEN / İNSANIN VARLIĞI, DER ALTAR DER RACHE / İNTİKAM SUNAĞI, GLÜHENDER HASS / YANAN NEFRET, GLEISSENDES LICHT / PARLAYAN NUR & DER CHOR DER VERGEBUNG / AFFETME KOROSU, finden dabei stets gleichzeitig an verschiedenen Orten in Deutschland statt und sind digital miteinander verbunden.

MANİFEST(O) ist ein Auftragswerk im Rahmen von »KEIN SCHLUSSSTRICH! Ein bundesweites Projekt mit künstlerischen und zivilgesellschaftlichen Interventionen zum NSU-Komplex«.
Eine Produktion der YMUSIC GmbH im Auftrag von JenaKultur / Licht ins Dunkel e.V.