Hair

The American Tribal Love-Rock-Musical
Buch und Texte von Gerome Ragni und James Rado; Musik von Galt MacDermot
Übernahme vom Saarländischen Staatstheater

»Hair«, ein Meilenstein der Popkultur, gilt als eines der erfolgreichsten Musicals aller Zeiten. Es feiert die langen Haare der jungen Männer als Zeichen der Abgrenzung gegen die Väter und als Sinnbild der Protestkultur im Amerika der 60er-Jahre, als die Jugend gegen den Vietnamkrieg, gegen Rassismus und die Zwänge des spießigen bürgerlichen Lebens protestierte und die freie Liebe proklamierte. Gerome Ragni und James Rado, zwei Schauspieler am Broadway, griffen 1967 diesen Zeitgeist auf und gossen die politischen Forderungen und philosophischen Gedanken der Hippiebewegung in mitreißende Texte. Mit Galt MacDermot holten sich die beiden einen ehemaligen Organisten und Kirchenmusiker als Komponisten mit ins Boot, der innerhalb von drei Wochen die Songs von »Hair« schrieb. Er mischte die Eingängigkeit und hymnische Kraft, wie er sie aus Kirchenchorälen und Gospels kannte, mit der Power und Lebendigkeit von Rock, Soul und Jazz.

In rasend schnell wechselnden episodenhaften Szenen geht es um eine Gruppe langhaariger junger Hippies rund um die Protagonisten Berger, Sheila, Claude, Hud, Woof und Jeanie. Sie rebellieren mit langen Haaren, freier Liebe und Drogen gegen die vermeintlich guten Sitten der konservativen Gesellschaft Amerikas. Der Kampf spitzt sich zu, als es nicht mehr nur gegen die Werte der Eltern, sondern vor allem gegen den Vietnamkrieg geht. Claude ist im inneren Konflikt zwischen den Einflüssen seiner Herkunft, seinem Patriotismus und den Idealen seiner neuen Freunde. Er muss sich entscheiden, ob er den Kriegsdienst verweigert und damit auch eine Gefängnisstrafe riskiert, oder ob er sich den Autoritäten unterwirft und nach Vietnam geht. »Hair« wurde ein unglaublicher Erfolg. Denn das Musical war ein Spiegel der weltweiten Auflehnung der Jugend gegen das Establishment und ein Plädoyer für Peace, Love und Rock’n’Roll. Und viele Songs wie »Aquarius« und »Let the Sunshine in« oder der titelgebende Song »Hair« kennt noch die Enkelgeneration derer, die in den 60er-Jahren als Hippies für Frieden gekämpft und die Freiheit der Liebe gelebt haben. Als Statement für ein friedliches und gleichberechtigtes Miteinander aller, für die freie Entfaltung jeder Persönlichkeit, für Toleranz und gegen Engstirnigkeit ist »Hair« heute so aktuell wie vor 55 Jahren.

Mit der Inszenierung »Hair« präsentieren wir Ihnen die Übernahme einer mitreißenden Neuinterpretation des Musicals vom Saarländischen Staatstheater. Sie punktet mit ihrer herausragenden musikalischen Qualität, die das Publikum in den gleichen Bann wie zur Entstehungszeit zieht und die Kontinuität vieler Konflikte von damals andeutet: den Generationenkonflikt, den Protest der Jugend gegen die Erwachsenen, gegen die Konsum- und Wohlstandsgesellschaft und die Ablehnung starrer autoritärer und hierarchischer Strukturen. Letztlich geht es um die Frage nach dem Sinn des Lebens und die Sehnsucht nach einer neuen Zeit, wie sie im Song »Aquarius« besungen wird: »Wenn der Mond im siebten Haus steht und Jupiter sich an Mars ausrichtet, dann wird Friede die Planeten leiten«.

Uta Reichardt | Ludwigsburger Kreiszeitung | 9. Dezember 2023

Am Ende ist »Hair« in diesem gelungenen Konglomerat aus gestern und heute ein rasanter Bühnenspaß auf sehr hohem sängerischem, tänzerischem und musikalischem Niveau, bei dem nicht nur eingefleischte »Hair«-Fans voll auf ihre Kosten kommen.