Im weißen Rössl
Singspiel von Hans Müller und Erik Charell | nach dem Lustspiel von Oskar Blumenthal und Gustav KadelbergMusik von Ralph Benatzky mit musikalischen Einlagen von Robert Gilbert, Bruno Granichstaedten, Robert Stolz und Hans Frankowski | Gesangstexte von Robert Gilbert | Gastspiel Theater Ulm
Wo lässt es sich besser Urlaub machen als im beschaulichen Feriengasthof »Zum weißen Rössl« am Wolfgangsee? Nirgendwo! Da sind sich die treuen Stammgäste der Wirtin Josepha Vogelhuber einig. Doch hinter der Salzkammergutidylle bestimmen Verwirrungen, Streitigkeiten um die besten Hotelzimmer und um Firmenpatente, unglückliche Liebesgeschichten und rasende Eifersucht das Geschehen. Der unsterblich verliebte Oberkellner Leopold bemüht sich vergeblich um die Gunst seiner Chefin, der Wirtin Josepha Vogelhuber. Er muss mit ansehen, wie sie ihrem Stammgast, dem Rechtsanwalt Dr. Siedler, schöne Augen macht. Dieser wiederum interessiert sich sehr für Ottilie, die soeben mit ihrem Vater, dem notorisch schlechtgelaunten Berliner Trikotagen-Fabrikanten Giesecke, im »Weißen Rössl« abgestiegen ist. Ottilie allerdings soll Sigismund Sülzheimer heiraten,
den Sohn von Gieseckes härtestem Konkurrenten, um dem unversöhnlichen Streit um das Patent auf eine Herrenhemd-Hose zwischen den beiden Firmen endlich ein Ende zu bereiten. Der schöne Sigismund denkt gar nicht daran, sein Liebesleben in den Dienst des väterlichen Unternehmens zu stellen und bemüht sich lieber um das reizende Klärchen, die Tochter des weltfremden Professors Hinzelmann. Das Chaos ist perfekt und Leopolds Hoffnungen auf Josepha erfahren einen empfindlichen Dämpfer, als er diese bei der Ankunft des Kaisers neben Dr. Siedler stehen sieht. Als Leopold auch noch seine Entlassungspapiere enthält, scheint alles zu spät zu sein. Aber durch die Intervention des Kaisers kommt alles zu einem guten Ende.
Am 8. November 1930 erlebte das »Weiße Rössl« seine glanzvolle Uraufführung im Großen Schauspielhaus in Berlin. Das Singspiel war alles andere als eine harmlose Schmonzette. Es war ein respektloses, frivoles Stück Musiktheater, das aus dem Geist der wilden zwanziger Jahre geboren wurde, und in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Unterfangen, das die Grenzen der alten europäischen Operette gründlich sprengen sollte. Heute gilt das »Weiße Rössl« als einer der berühmtesten Vertreter der Berliner Operette und Vorläufer des deutschen Musicals. Das Werk wurde später im nationalsozialistischen Deutschland wegen seiner jüdischen Mitautoren und wegen seines despektierlichen Umgangs mit der Folklore verboten. Die Revue überlebte im Ausland: In London brachte es das Stück auf über 650 Vorstellungen en suite. Und in New York war »The White Horse Inn« 1936 mit 223 Vorstellungen ein Broadway-Erfolg. Wunderbare Melodien am laufenden Band, Urkomisches und leicht Anzügliches, eine kleine Prise Sentimentalität und herrlich schräge Charaktere – das macht den Charme bis heute aus. Nach wie vor folgt das Publikum gern der Einladung aus dem Titelsong: »Im weißen Rössl am Wolfgangsee, da steht das Glück vor der Tür. Es ruft dir zu: Guten Morgen! Tritt ein und vergiss deine Sorgen!«