Der Markisenmann (UA)

von Jan Weiler
Bühnenfassung von Petra Wüllenweber

Kim ist 15 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und ihrem jüngeren Halbbruder in einem Nobelviertel von Köln. Sie fühlt sich als Außenseiterin in ihrer Familie, vom Stiefvater nicht akzeptiert, höchstens geduldet. Die Schule lässt sie schleifen und sie testet alle Grenzen aus. Eines Tages wird ihr Halbbruder durch Kims Schuld schwer verletzt. In den Ferien darf sie deshalb nicht mit der Familie nach Florida, sondern wird zu ihrem Vater geschickt: Ronald Papen, den sie seit 13 Jahren nicht gesehen hat.
Von ihrem leiblichen Vater kannte sie bisher nur ein verblichenes Foto. Als sie zwei Jahre alt war, soll er sie und ihre Mutter verlassen haben. Aus den dürren Informationen hat sich Kim ein eigenes Bild zusammengepuzzelt. Doch Ronald Papen entpuppt sich ganz und gar nicht als mächtiger Geschäftsmann, als den sie sich ihn immer ausgemalt hat. Tatsächlich lebt er in einer Lagerhalle im Duisburger Hafen mit einem riesigen Bestand alter DDR-Markisen, die er seit Jahren mehr schlecht als recht zu verkaufen versucht.
Nach anfänglichem Fremdeln kommen sich die beiden näher. Kim verbringt einen verrückten Sommer. Am Ende der Ferien hat sich beider Leben für immer verändert. Das Mädchen ergründet zudem das Geheimnis, welches dazu führte, dass ihr Vater vor 13 Jahren einfach verschwunden ist.

Jan Weilers Roman »Der Markisenmann« aus dem Jahr 2022 ist eine wunderbar spannende Geschichte mit liebenswert-kauzigen Charakteren – zum Brüllen komisch und zugleich ein tiefgründiges Nachdenken über Schuld und Verantwortung. Das Theater Heilbronn bringt die Bühnenfassung des Romans als Uraufführung heraus.

 

Sie möchten mehr über die Inszenierung erfahren? Tiefer in die Materie und Hintergründe eintauchen? Dann hören Sie doch in unsere 92. PODCASTFOLGE hinein!

Claudia Ihlefeld | Heilbronner Stimme | 07.10.2025
...Petra Wüllenwebers kluge Regie nutzt die Gegebenheiten der Boxx, ihr inszenierter Minimalismus setzt Bilder in unseren Köpfen frei und findet seine Fortsetzung im Bühnenbild von Ausstatter Matthias Werner. Dabei darf sie sich auf ein Ensemble verlassen, das in mal beiläufig markierten, mal großen Gesten Minidramen und Tragödien greifbar macht, oder einfach nur den Alltag in seinen Tücken – und in seinen ergreifend komischen und schönen Momenten. Sonia Glade ist Kim und nach dem Unfall mit ihrem Bruder – wohl hat sie im Affekt gehandelt – in der Psychiatrie gelandet. Aus reflektierter Distanz, dann wieder emotional involviert, erzählt Glade Kims Geschichte, souverän und glaubwürdig. [...] Frank Watze mit traurig erstauntem Blick ist Papen, der Markisenmann, mit trotzigem Optimismus fügt er sich in sein Schicksal. Dass Papen aus seiner DDR-Vergangenheit eine Leiche im Keller hat, lässt Watzke sich nicht anmerken, dass er unter emotionalem Stress steht, spürt man wohl. ...