Szenenfoto Bunbury
Szenenfoto Bunbury
Szenenfoto Bunbury
Szenenbild Bunbury 4
Szenenbild Bunbury 4
Szenenbild Bunbury 6
Szenenbild Bunbury 6
Szenenbild Bunbury 6
Szenenbild Bunbury 6

Bunbury

Komödie von Oscar Wilde
Deutsch von Marcus Everding

Jack Worthing flieht gern von seinem Landsitz in die Stadt. Da fühlt er sich frei und kann unbeobachtet seinen Eskapaden nachgehen. Um ­seine häufige Abwesenheit gegenüber seinem Mündel ­Cecily zu erklären, hat er seinen angeblich lebensuntüchtigen Bruder Ernest erfunden, der seiner Hilfe bedarf. Seinen in London lebenden Freund Algernon Moncrieff zieht es hingegen zur Ursprünglichkeit des Land­lebens. Als Vorwand dient ihm sein imaginärer kranker Freund Bunbury, den er dringend besuchen muss. So haben sich die beiden Dandys ein perfektes Doppelleben organisiert. Jack nennt sich, wenn er in London weilt, übrigens Ernest, was wiederum Algernons Cousine Gwendolen freut, in die Jack verliebt ist. Denn die möchte auf jeden Fall einen Mann namens Ernest heiraten. Nur ein Mann, der so heißt, garantiere in diesen unsicheren Zeiten Zuverlässigkeit und Stabilität. Doch einer zukünftigen Ehe steht der unglaubliche Standesdünkel von Gwendolens Mutter Lady Bracknell entgegen.

Algernon seinerseits ist sehr neugierig auf Jacks Mündel Cecily, die herrlich unkompliziert und auch noch sehr hübsch sein soll. Algernon nutzt Jacks Abwesenheit von seinem Landsitz und stellt sich Cecily dort als Jacks jüngerer Bruder Ernest vor. Beide sind sofort voneinander hingerissen. Noch dazu hat auch Cecily eine Schwäche für Männer, die Ernest heißen. Doch bevor die beiden sich näherkommen können, taucht Jack früher als geplant zu Hause auf mit der Nachricht, dass sein Bruder Ernest gerade verstorben sei. Mit der Ankunft von Gwendolen und Lady Bracknell wird das ganze richtig turbulent, und den beiden jungen Männern fliegen ihre Lügen gehörig um die Ohren.

Oscar Wilde nannte seine Komödie »The Importance of Being Earnest« sein bestes Stück, das in der Tat durch brillanten Sprachwitz und exakt getimte Situationskomik besticht. Seine bitterböse Abrechnung mit der Heuchelei und Oberflächlichkeit der High Society hat bis heute, da Äußerlichkeiten und Selbstdarstellung wichtiger sind als Inhalte, nichts an Aktualität verloren.
Der verheiratete Familienvater Oscar Wilde war aufgrund seiner Homosexualität selbst zum »bunburysieren«, also zu einem Doppelleben gezwungen. Die traurige Ironie der Geschichte: Im Februar 1895 war die Premiere von »Bunbury« in London, die vom Publikum gefeiert wurde. Zwei Monate später wurde Wilde wegen seiner Affären mit Männern verhaftet und ins Zuchthaus gesteckt. Dieselben Leute, die in den Vorstellungen über die Vorführung der heuchlerischen Moral gelacht hatten, stellten ihn nun an den ­Pranger. Dies bedeutete das Ende von Wildes schriftstellerischer Karriere. Er starb 1900, verarmt und isoliert. Sein »Bunbury« aber bleibt ein äußerst amüsantes und geistreiches Statement gegen Doppelmoral, Intoleranz und dümmlichen Dünkel.

Christoph Feil | Heilbronner Stimme | 11.10.21

Lüsternheit bricht sich beispielsweise Bahn, wenn Gwendolen (Romy Klötzel) das Stelldichein mit ihrem in Liebesdingen gänzlich unbedarften Jack (Sven-Marcel Voss) sucht und diesem dabei klar macht, wie er um ihre Hand anzuhaltenhabe. Als Jack das Treiben des aalglatten Luftikus Algernon (Pablo Guaneme Pinilla) zu bunt wird, platzt ihm lautstark der Kragen. Unterdrücktes Begehren flammt auch auf, wenn Cecilys zugeknöpfte Gouvernante Miss Prism (Judith Lilly Raab) dem Reverend (Nils Brück) an die Soutane will. Überhaupt sind es die Frauen in diesem Stück, die das Heft in die Hand nehmen – allen voran Gwendolens herrische Mutter, Lady Bracknall (Sabine Unger), die ihr Umfeld auch mit gespitzten Lippen zu kommandieren versteht.