Mario und der Zauberer

nach der Novelle von Thomas Mann
Bühnenfassung von Nicole Buhr und Mirjam Meuser

»Die Erinnerung an Torre di Venere ist atmosphärisch unangenehm.« Mit diesen Worten beginnt Thomas Manns Novelle »Mario und der Zauberer« aus dem Jahr 1930, in welcher der Autor Erlebnisse aus einem eigenen Italienurlaub im Sommer 1926 verarbeitet. Er schildert die sich ausbreitende nationalistische Stimmung im Land.

Der Ich-Erzähler macht Urlaub im Grandhotel im Badeort Torre di Venere. Eindeutig werden die Italiener bevorzugt behandelt. Abwechslung verspricht die groß angekündigte Schau des Hypnotiseurs Cipolla. Dieser verwachsene Mann mit bösen Augen scheint eine unendliche Macht über sein Publikum zu haben. Er zwingt manche Zuschauer, unmögliche Dinge zu tun, und bricht offenbar ihren Willen.

»Die Freiheit existiert, und auch der Wille existiert, aber die Willensfreiheit existiert nicht, denn ein Wille, der sich auf seine Freiheit richtet, stößt ins Leere«, nimmt Cipolla den Besuchern der Show die Hoffnung, ihm widerstehen zu können. Trotz seines entwürdigenden Treibens verfolgt das Publikum gefesselt und mit angewiderter Bewunderung das sich vor ihren Augen steigernde Schauspiel. Als der Kellner Mario das nächste Opfer von Cipollas bösartiger Manipulation wird, nimmt der Abend eine dramatische Wendung. »Mario und der Zauberer« wurde im Nachhinein als Parabel auf den heraufziehenden Faschismus gedeutet: Cipolla als Verführer und Lenker der Massen, dem man sich trotz innerer Widerstände nicht entziehen kann, fand damals seine Pendants in der Politik und er findet sie auch heute: unheimlich und brandgefährlich.

 

Sie möchten mehr über die Inszenierung erfahren? Tiefer in die Materie und Hintergründe eintauchen? Dann hören Sie doch in unsere 79. PODCASTFOLGE hinein!

Ranjo Doering, Heilbronner Stimme, 09. Dezember 2024:
[...]Nicole Buhrs durchdachte Inszenierung verdichtet Manns Novelle auf das Wesentliche in knapp 90 Minuten, schafft einen klugen Übertrag der präzisen und gleichzeitig unprätentiösen Sprache. Cosima Fischlein überzeugt mit präsentem Spiel als Erzähler, genauso wie Chris Carsten Rohmann, Magdalena Lehnen und Max Lamperti, die die Geschichte ebenso vorantreiben und ein Panoptikum an Typen verkörpern. Sie alle berichten, kommentieren und steuern auf Fingerzeig den passenden Soundtrack bei (der von italienischen Volksweisen bis Gypsy-Swing reicht) – auf einer Bühne (Ausstattung: Gesine Kuhn), die erst Steg und Strandpromenade ist und später Bühne der großen Zaubershow. Ein spannender Theaterabend, der mit einer vermeintlich befreienden, revolutionären Handlung endet, und den Zuschauer ebenso unsicher-ratlos wie befreit zurücklasst. [...]