Szenenbild Vor Sonnenaufgang 2
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Vor Sonnenaufgang

Schauspiel von Ewald Palmetshofer nach Gerhart Hauptmann

Auf den ersten Blick ist alles bestens in der Unternehmerfamilie Krause. Egon Krause ist der Seniorchef eines mittelständischen Unternehmens in einer netten Gemeinde. Jetzt baut er zusammen mit seiner zweiten Frau Annerose, der guten Seele seiner Firma, die Familienvilla um. Denn Tochter ­Martha zieht mit ihrem Mann Thomas Hoffmann, dem Junior­chef der Firma, bei ihm ein. Die zwei erwarten ein Kind, ­Martha steht kurz vor der Niederkunft. ­Deshalb ist ihre Schwester Helene angereist, um Martha in der nächsten Zeit beizustehen. So weit so gut. Doch der Schein trügt.

Martha ist von einer unerklärlichen Traurigkeit befallen, leidet unter der weit fortgeschrittenen Schwangerschaft, möchte aber gegen ärztlichen Rat nicht ins Krankenhaus. Annerose versucht vergeblich, die familiären Fäden in der Hand zu behalten. Egon zieht es mehr in die Kneipe als an den heimischen Esstisch. Helene hat als Selbstständige im Kreativ­bereich finan­zielle Probleme. Und Thomas Hoffmann ist überzeugt, die falsche Schwester geheiratet zu haben.

An diesem Tag bekommt Thomas Besuch von seinem alten Studienfreund Alfred Loth, der als Journalist für eine linke Wochenzeitung arbeitet. Früher teilten ­Thomas und Alfred nicht nur die Studentenbude, sondern auch ihre politischen Ideale. Jetzt tritt Thomas in aller Öffentlichkeit mit rechtspopulistischer Propaganda in Erscheinung. Zwischen dem linken Journalisten und dem rechtspopulistischen Unternehmer und Politiker entbrennt bald ein Streit, der exemplarisch für die auseinanderdriftende Gesellschaft steht. Und wenn am Ende der Nacht die Sonne aufgeht, werden alle unterschwellig gärenden Konflikte, alles Verborgene und Weichgezeichnete in ein unbarmherziges, ­grelles Licht getaucht sein.

Der Riss durch unsere Zeit, der mitten durch Familien geht und Freunde entzweit: Ewald Palmets­hofers kluges Familienporträt zeigt die Deformationen des Individuums in der neoliberalen Gesellschaft. Der österreichische Dramatiker hat Gerhart Hauptmanns gleichnamiges Sozialdrama von 1889 überschrieben. Es provozierte seinerzeit einen der größten Skandale der Theatergeschichte, ebnete dem Naturalismus den Weg auf die ­Bühne und machte Hauptmann über Nacht berühmt. Palmetshofer übernimmt Struktur und Figurenkonstellation von Hauptmann, löst diese aber aus der sozialen Realität des späten 19. Jahrhunderts und ­bettet sie in die unmittelbare Gegenwart ein. Der ­Autor sagt dazu: »Die Welt wandelt sich. Wir erleben dies in den neuen Bedrohungsszenarien und Erosions­erscheinungen westlicher Demokratien, im Erstarken der Populismen und Fundamentalismen, in der Verrohung und Radika­lisierung der politischen Sprache und ­Diskurse, in der zunehmenden Polarisierung unserer Gesellschaft. Hinter der zivilisierten Fassade ist der Mensch ein ­rohes, verzweifeltes, unsolidarisches Tier.«

Mehr Informationen zur Entstehung der Inszenierung gibt es in unserem Podcast.

Arnim Bauer | Ludwigsburger Kreiszeitung | 21.01.22

Sie [Sandra Strunz] bringt eine markante, sehr eigenständige Aufführung auf die Bühne, die das Zuschauen erst so richtig spannend macht. …
Dabei bleibt der Fokus aber auf den stark gezeichneten Figuren. Sehr subtil werden deren Eigenschaften herausgearbeitet, was nur gelingen kann, weil das gesamte Ensemble ungemein spielfreudig und präsent diese Ideen umsetzt und durchweg zu überzeugen weiß. ...
[Es] ist eine dichte, gelungene Inszenierung herausgekommen, die eine hervorragende Brücke zur neuen deutschen Dramatik schlägt.

Claudia Ihlefeld  | Heilbronner Stimme | 17.01.22

Strunz und das präzise Ensemble sezieren eine Beziehungshölle und sich wechselseitig zerfleischende Figuren. ...
Eine Gegenwartsdiagnose, die auch den Konflikt zwischen einem elitären, linken Moralismus und rechter Seelenmassage zuspitzt.