Endspiel

(Fin de Partie) · Schauspiel von Samuel Beckett
Deutsch von Elmar Tophoven

»Ende, es ist zu Ende, es geht zu Ende …« Die Welt ist zerstört und nahezu menschenleer. In einem Unterschlupf mit zwei trüben Fenstern ins Nichts ­hausen vier Überlebende einer Katastrophe, deren Ursache wir nicht kennen. Hamm, der Herr, ist blind und an den Rollstuhl gefesselt: »Kann es überhaupt ein Elend geben, das erhabener ist als meins«, bedauert er sich und pfeift nach seinem Diener Clov, um ihn umher zu scheuchen. Clov ist auch nicht der Gesündeste. Mit seinen steifen Beinen kann er kaum gehen, ­geschweige denn sitzen. Clov hasst seinen tyrannischen Herrn und würde ihn am liebsten verlassen. Aber er bringt es nicht fertig, denn Hamm wäre damit dem Tode geweiht, weil Clov der einzige ist, der sich um ihn kümmern kann. Auch töten kann er Hamm nicht, denn nur der weiß, wie der Speiseschrank zu öffnen ist.

Ein Dilemma, in dem auch Hamms Eltern Nell und Nagg, die »verfluchten Erzeuger«, gefangen sind. Sie haben ihre Beine und einen Gutteil ihres Verstandes verloren, hausen neben ihrem launischen Sohn, der ­ihnen das karge Essen zuteilt, in Mülltonnen und ­träumen von der Jugend. Wenn Clov auf die Leiter steigt, um aus den Fenstern zu schauen, beschreibt er seinem blinden Herrn das Grau, das er sieht: »Es ist nichts mehr übrig.« Sie spielen das unendliche Endspiel, reden an gegen die Hoffnungslosigkeit und kämpfen mit bösem Witz gegen den eigenen Untergang.

»Nicht ist komischer als das Unglück«, sagt Nell an einer Stelle und liefert damit laut Beckett den Schlüssel, wie dieses groteske Szenario in »Endspiel« zu betrachten sei. »Ich möchte, dass in diesem Stück viel gelacht wird. Es ist ein Spielstück«, sagte der Autor seinen Schauspielern, als er das Stück 1967 im ­Berliner Schillertheater selbst auf die Bühne brachte. 150 Mal wurde das »Endspiel« in seiner Inszenierung aufgeführt und gefeiert. Neben »­Warten auf Godot« ist dieser Klassiker des absurden Theaters Becketts größter Erfolg. Wie in Becketts gesamtem Werk geraten die Menschen an den Rand ihrer Gewissheiten und sind angesichts der untergegangenen Außen­welt in ihrem inneren Gefängnis auf sich selbst zurückgeworfen. »Wenn ein vernunft­begabtes Wesen auf die Erde zurückkehrt und uns ­lange genug beobachtet, würde es sich dann nicht Gedanken über uns machen?«, fragt Hamm. Das war 1956, dem Entstehungsjahr des Stückes, elf Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, eine nur allzu berechtigte Frage. Und sie ist es bis heute geblie­ben. »Endspiel« ist eine bitterböse Komödie von existentieller Tiefsinnigkeit.

Claudia Ihlefeld | Heilbronner Stimme | 05.10.2020

In dieser wechselseitigen Grausamkeit – denn letztlich schenkt sich hier keiner was – liegen die fatale Komik und intellektuelle Kraft von Becketts »Endspiel«, die Vornams Regie und sein Schauspielteam präzise herausarbeiten. … Der Abend lebt von Becketts meisterlich grotesken Dialogen und Szenen.

Arnim Bauer | Ludwigsburger Kreiszeitung | 05.10.2020

Firit und Eichberg meistern die nicht ganz leichte Aufgabe, den ganzen Abend über Spannung hochzuhalten … dank des subtilen Einsatzes ihrer Möglichkeiten schaffen sie es, dass keine Langeweile aufkommt.  
… ein Abend, der verlässliche Einblicke in Samuel Becketts Gedankenwelt ermöglicht.